Donnerstag, 17. Juli 2014

Die Frauen von Tyringham Park - Rosemary McLoughlin


1917 im Süden Irlands: Lord und Lady Blackshaw leben mit ihren zwei Töchtern und vielen Bediensteten auf ihrem imposanten Anwesen Tyringham Park. Eines Tages geschieht etwas Schreckliches, die jüngere Tochter Victoria ist plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Selbst lange, gründliche Suchaktionen bringen keine Spur von dem kleinen Mädchen. Der Verdacht fällt auf Teresa Kelly, die bis zu diesem Zeitpunkt als Kindermädchen auf dem Anwesen gearbeitet hat und nun zu einem neuen Leben nach Australien aufgebrochen ist. Wurde die Kleine vielleicht entführt? Charlotte, die ältere der Blackshaw-Schwestern, steht unter Schock und spricht lange Zeit kein Wort. Das Schicksal der kleinen Victoria ist ungewiss, und manche befürchten, sie wäre vielleicht gar nicht mehr am Leben. Von den dramatischen Auswirkungen auf alle Beteiligten erzählt dieser Roman. Die Kurzbeschreibung zum Buch klang ganz danach, als wäre dies der richtige Roman für mich. Ich lese sehr gerne über alte Herrensitze und ihre Bewohner, und in diesem Fall klang der Klappentext schon sehr verheißungsvoll. Zu meiner Enttäuschung haben sich meine Erwartungen an den Roman jedoch nur zu einem sehr kleinen Teil erfüllt. Es geht eigentlich hauptsächlich um Charlotte, die ältere Tochter von Lord und Lady Blackshaw. Geschildert wird ihre Entwicklung, ungefähr ab dem Zeitpunkt, als ihre kleine Schwester verschwand. Nach und nach lernt man die Personen in ihrem Umfeld kennen und ist erst einmal ernüchtert, denn Lord Blackshaw weilt die meiste Zeit in London, um dort seinen Geschäften nachzugehen. Man gewinnt den Eindruck, dass seine Familie keine große Rolle in seinem Leben spielt, auch spricht er übermäßig dem Alkohol zu. Lady Edwina ist eine verbitterte und selbstsüchtige Frau, denn die Heirat mit Lord Blackshaw war arrangiert, und das Verhältnis zu ihrem Ehemann ist weder verständnis- noch liebevoll. Ihre beiden Töchter scheinen ihr weitgehend egal, wenn nicht sogar lästig zu sein, und sie überlässt die Betreuung einem lieblosen Kindermädchen. Schwester Dixon drangsaliert die beiden Mädchen sehr, und nach Victorias Verschwinden bekommt Charlotte allen Unmut geballt zu spüren. Für mich war es von Anfang an schwierig, in die Geschichte hinein zu finden; ich wurde nicht recht heimisch in Tyringham Park. Vielleicht liegt das in der Absicht der Autorin, der es wohl vordergründig wichtig war, Charlottes Schicksal und die dramatischen Folgen ihrer lieblosen Kindheit zu schildern. Es fehlt dem Roman an Wärme. Ich habe die gesunde Mischung aus positiven und negativen Charakteren vermisst. Während Charlotte versucht, die Zuneigung ihrer Mutter zu erringen, straft Edwina das Mädchen mit unverständlichen Entscheidungen, aus denen Missgunst und Bösartigkeit sprechen. Ich konnte schon nur den Kopf schütteln, als ich las, dass sie nicht einmal das genaue Geburtsdatum ihrer Töchter kennt und von Victoria nicht einmal weiß, ob diese schon laufen bzw. Treppen steigen kann. Was ist das für eine Mutter? Auch die Verhaltensweise des Kindermädchens ist unverschämt und zeugt von Dummheit. Dixon fehlt im Umgang mit Kindern jegliches Feingefühl und auch der nötige Sachverstand. Ganz sicher ist es nicht realistisch, nur nette und liebenswerte Figuren in einem Roman zu beschreiben, aber hier war mir zu viel Boshaftigkeit auf einem Haufen. Die sympathischen Charaktere sind eindeutig in der Minderzahl. Auch haben sie meist nur eine Statistenrolle inne, werden nicht näher beschrieben und verschwinden nur allzu häufig schnell wieder von der Bildfläche. Selbst Charlotte, für deren Reaktionen ich viel Verständnis aufbringen konnte und die ich im Lauf der Geschichte immer wieder sehr bemitleidet habe, ging mir irgendwann mit ihrer Wechselhaftigkeit auf die Nerven. Ohne jedes Selbstbewusstsein verkriecht sie sich wochenlangin ihrem Schneckenhaus und meidet den Kontakt mit anderen Menschen. Dann wieder hat sie Phasen, in denen sie selbstgefällig und arrogant wirkt. Zwar wird ihre Entwicklung über viele Jahre geschildert, aber ihre wechselnde Gemütsverfassung wirkte auf mich häufig abrupt und nicht immer glaubwürdig. Der Schreibstil ist weitgehend einfach und flüssig, aber mir sind im Lauf der Geschichte immer wieder Unklarheiten aufgestoßen, von denen ich nicht sagen kann, ob es an der Übersetzung liegt oder ob sie von der Autorin selbst so dargestellt wurden. Auch kam keine rechte Spannung auf.
Zum Vergleich mit „Downtown Abbey“, der im Klappentext herangezogen wird, kann ich nichts sagen, da ich die Serie nur vom Hörensagen kenne und mir zum Inhalt nichts bekannt ist. Insgesamt ist der Roman für mich enttäuschend, allenfalls Mittelmaß, und die Fortsetzung, die im kommenden Frühjahr erscheinen soll, werde ich wohl nicht mehr lesen.


2 Kommentare:

  1. Das sieht aus wie Downtown Abbey, das klingt wie Downtown Abbey - ich liebe Downtown Abbey sehr, also ist es auch ein Buch für mich, mit dem ich schon seit dem ersten Blick liebäugle. Umso mehr bin ich jetzt enttäuscht, ich traue Deinem Urteil schon ziemlich.

    Die Serie ist aber grandios, solltest Du unbedingt mal einen Blick reinwerfen.

    LG!

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    1. Die Serie habe ich mir schon ganz fest vorgemerkt, denn darüber habe ich bisher nur Gutes gehört und gelesen.
      LG
      Susanne

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