Im Dezember 1491, unweit von Sevilla
Die Maurin Zahra as-Sulami ist mit ihrer Familie auf der
Flucht nach Portugal, denn Andalusien ist mittlerweile völlig in christlicher
Hand. Unterwegs wird die Reisegruppe von fremden Soldaten überfallen, und
Zahras kleine Tochter wird entführt. Jaime, Zahras Geliebter und Vater von
Chalida, setzt alles daran, das gemeinsame Kind zurück zu bekommen. Für ihn und
Zahras Familie bedeutet dies das Ende der Reise, denn auch wenn Jaimes Bruder
Gonzalo seine Hilfe zusichert, so unter der Bedingung, dass Zahra nach Granada
zurückkehrt. Für Gonzalo war Zahra einst die Liebe seines Lebens, bevor sie
sich für seinen Bruder entschied. Durch Jaimes Bitte um Hilfe kommen nun
Erinnerungen und vielleicht auch Hoffnungen hoch.
Die Lebensbedingungen für die Mauren in dem mittlerweile
katholischen Land werden immer schwieriger, die Forderungen der katholischen
Könige und ihrer Inquisition immer härter. Nicht nur die Juden haben unter der
religiösen Diktatur zu leiden, sondern inzwischen auch die maurische
Bevölkerung. Die Machthaber ignorieren immer mehr die Kapitulationsvereinbarungen,
und den Menschen wird Unmögliches zugemutet.
In Lea Kortes neuem Roman erfährt der Leser, wie es mit
Zahra as-Sulami und ihren Lieben weitergeht. Zahra, „die Maurin“, die man im
ersten Band bereits während der Zeit der Reconquista begleitet hat, wird vom
Schicksal erneut auf eine harte Probe gestellt.
Sie leidet unter der christlichen Regierung; das Leben in
Granada hat nichts mehr mit der toleranten und harmonischen Einheit unter der
einst maurischen Herrschaft zu tun.
Eigentlich machen es die a-Sulamis richtig vor, denn in
Zahras Haushalt leben Moslems, Juden und Christen in friedlichem Miteinander
und gegenseitiger Akzeptanz. Diese ursprünglich bestehende Harmonie wird mehr und mehr durch neue Maßnahmen der
christlichen Eroberer zerstört.
Die Angst vor Spitzeln greift um sich. Denunziation ist an
der Tagesordnung. Dazu kommt die fortwährende Sorge um ihre Kinder. Die ganze
Situation führt dazu, dass Zahra und Jaime sich immer öfter zermürbende
Debatten liefern, die häufig mit massiven Vorwürfen enden. Zahras Verhalten ist
geprägt von ihrer Ohnmacht und der Sorge vor Identitätsverlust.
Sie versucht mit allen Mitteln, ihre Familie
zusammenzuhalten und die muslimischen Bräuche und Traditionen weiterhin zu
pflegen, was jedoch immer schwerer wird. Ihrem Geliebten Jaime gegenüber ist
sie oft ungerecht, denn einerseits fehlt es an gegenseitigem Verständnis, auch
ist Zahra ihr eigener Stolz im Weg. Es bildet sich eine schier unüberbrückbare
Kluft zwischen den Liebenden, denn Jaime steht mittlerweile wieder im Dienst
der Könige.
In diesen Jahren nach der Reconquista wird das Leben immer
komplizierter. Brutale Übergriffe der kastilischen Soldaten schüren Wut und
auch Hilflosigkeit, einerseits unter den Juden und ebenso bei der muslimischen
Bevölkerung.
Die Protagonistin Zahra steht stellvertretend für ein
verzweifeltes Volk. Ihr Verhalten ist oft extrem aber in Anbetracht der
Situation durchaus verständlich.
Bestürzend ist die starke Realitätsnähe der Handlung. Die
Autorin hat sich konsequent an den historischen Tatsachen orientiert. Zwischen
den Zeilen wird das starke Anliegen für mehr Toleranz und Religionsfreiheit
deutlich spürbar, denn die Diskrepanz zwischen den Religionen ist nicht auf die
Vergangenheit beschränkt, sondern leider auch heutzutage noch ein brisantes
Thema.
Auch mit diesem neuen Roman ist es Lea Korte wieder einmal
gelungen, mich von der ersten Seite an völlig in den Bann der Geschichte zu
ziehen und alles um mich herum für Stunden vergessen zu lassen. Die Eindrücke
des Gelesenen wirken intensiv und lange nach. Es ist ein starker,
beeindruckender Roman über ein trauriges Kapitel der spanischen Geschichte, der
deutlich macht, wie sich Menschen verändern, wenn sie eingeengt und ungerecht
behandelt werden.
Ein Nachwort mit Erläuterungen zu verschiedenen historischen
Details, eine ausführliche Begriffserklärung, dazu der Stammbaum des Hauses Aragón-Kastilien,
zwei Karten, die sehr anschaulich die Machtverschiebung ab 1492 zeigen und ein
umfangreiches Personenregister runden dieses Buch perfekt ab.
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