Man schreibt das Jahr 1511. Im städtischen Frauenhaus
herrscht große Aufregung, denn die Hure Rosi wird vermisst. Als sie wenige Tage
später, am Gedenktag der heiligen Maria
Magdalena, tot und brutal verstümmelt aufgefunden wird, gerät ein armer Landgänger
in Verdacht, da er Rosis letzter Kunde war, bevor sie verschwand. Lediglich
Ursel Zimmer, die Frauenhauswirtin und „Hurenkönigin“, wie sie genannt wird,
glaubt die Geschichte, die der Mann erzählt, dass er im Auftrag eines gut zahlenden
Herrn gehandelt hat und Rosi für diesen anwerben sollte.
Es bleibt nicht bei dem einen Mord, und nachdem die
Stadtobersten einmal ihr Urteil gefällt haben, ist für sie die Sache erledigt.
Ursel, die auch Vorsteherin der städtischen Hurengilde ist, fühlt sich
verantwortlich für die Frauen unter ihrem Schutz und macht sich allein auf die
Suche nach dem wahren Mörder…
Die Handlung dieses Romans, die im Rotlichtmilieu
Frankfurts, zu Beginn des 16 Jahrhunderts spielt, ist packend erzählt, von der
ersten bis zur letzten Seite. Für mich war fast bis zum Schluss nicht
abzusehen, wie sich die Sache mit den Morden klärt, denn die Zusammenhänge sind
sehr komplex und lange nicht so geradlinig, wie es anfangs scheint. Dies ist
auch gut so, denn sonst wäre die Geschichte ja viel zu schnell zu Ende.
Die Auswüchse eines extremen religiösen Fanatismus sind teilweise
recht drastisch dargestellt und nicht unbedingt etwas für sensible Gemüter. Da
lief mir beim Lesen so mancher Schauer über den Rücken. Aber auch die grausigen
Szenen fügen sich ins Bild und sind für den Fortgang der Handlung notwendig.
Die brutalen Morde an den Hübscherinnen sind jedoch nicht das einzige Problem
von Ursel Zimmer, der Hurenkönigin. Zu allem Überfluss kommt die Zunft der
Huren in Verruf, weil sich allerorts die Lustseuche immer stärker ausbreitet
und auch vor dem Frankfurter Frauenhaus nicht Halt macht. Die Kunden bleiben
aus, und die Schließung des Etablissements droht.
Sehr bemerkenswert finde ich, dass die Heldin des Romans ein
Mensch ist, der einer Randgruppe der Gesellschaft angehört. Mit ihrer großen
Liebe, dem Gelehrten Bernhard von Wahnebach, bildet sie ein recht ungleiches
und doch sehr harmonisches Paar, das sich erstaunlich gut mit den Verhältnissen
arrangiert hat, was in der beschriebenen Zeit ganz sicher nicht einfach war. Man
erfährt immer wieder sehr deutlich die
starke Macht der Vorurteile, mit denen nicht gespart wurde, wenn es darum ging,
Personen eines gewissen Standes auszugrenzen. Es ist interessant, die
verschiedenen Reaktionen zu beobachten, und es hat mir gefallen, dass hier auch
einmal die menschliche Seite der so genannten „Unehrlichen“ gezeigt und betont
wird, was sich nicht nur auf die Huren beschränkt, sondern in diesem Fall den
Henker einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel zeigt.
Zudem ist mir positiv aufgefallen, dass in dieser Geschichte
„schön“ nicht automatisch gleichbedeutend mit „gut“ ist.
Ein tolles Buch, bei dem nicht nur die Freunde gut
recherchierter historischer Romane auf ihre Kosten kommen, sondern an dem auch
die Liebhaber spannender Kriminalgeschichten ihre Freude haben werden. Ich habe
mittlerweile erfahren, dass es zu diesem Roman einen Vorgänger gibt, in dem die
Hurenkönigin Ursel Zimmer ebenfalls schon eine Rolle gespielt hat, jedoch nicht
im Mittelpunkt stand. Daher ist es kein Problem, wenn man, wie ich, „Das
Geheimnis der Totenmagd“ noch nicht gelesen hat. Ich konnte mich schnell in die
Geschichte einfinden, ohne das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Der Schreibstil
der Autorin hat mich gefesselt, und ich habe mich inzwischen schon nach anderen
Werken von Ursula Neeb umgesehen.
Deine Rezi macht richtig Lust auf das Buch, liebe Susanne :)
AntwortenLöschenLiebe Nina,
Löschenso soll es doch auch sein ;-)