Donnerstag, 29. April 2010

Die Totenleserin - Ariana Franklin



Kurzbeschreibung:
Cambridge 1170. Ein kleiner Junge wird tot aufgefunden, angeblich von den Juden gekreuzigt. Als drei weitere Kinder sterben, droht ein Aufruhr. Heinrich II., König von England, muss den wahren Mörder finden und sendet nach einem Totenarzt. Keiner ahnt, dass es sich dabei um eine junge Frau handelt, die Beste ihres Fachs. An der berühmten Hochschule von Salerno ist Adelia eine der wenigen Medizinerinnen ihrer Zeit. Doch im kalten England muss sie ihre wahre Identität verbergen, um als Frau überhaupt ermitteln zu können. Die Stadtväter versuchen eine Aufklärung der Morde zu vereiteln; das nahe gelegene Kloster ist nur an dem schwunghaften Reliquienhandel mit den Gebeinen des Jungen interessiert, und auch Sir Rowley, der Steuereintreiber des Königs, scheint verdächtige Ziele zu verfolgen. Zugleich weckt er in Adelia Gefühle, die sie verwirren. Wem kann sie vertrauen?

Meine Meinung: * * * *
Es ist ein außergewöhnliches Ermittler-Team, das sich im Jahr 1171, von Salerno aus, auf die Reise nach Canterbury macht, um den Mord an drei Kindern aufzuklären. Eines der toten Kinder war angeblich gekreuzigt, als es gefunden wurde, und so hat das Volk schnell einen Sündenbock. Die Juden der Stadt werden für die Morde verantwortlich gemacht. Das Trio aus dem Süden ist gleich auf den ersten Blick recht auffällig. Ermittler in kriminalistischen Fällen ist der Jude Simon. Ihm steht Adelia, eine Ärztin der Toten und ihr Beschützer, der dunkle Eunuch Mansur zur Seite. Als Adelia unterwegs Prior Geoffrey das Leben rettet, findet sie in ihm einen starken Verbündeten, denn im mittelalterlichen Canterbury ist es ganz und gar nicht üblich, dass eine Frau über eine medizinische Ausbildung verfügt. Adelia muss darum ihre Nachforschungen heimlich machen. Dabei begegnet sie immer wieder dem königlichen Steuereintreiber Sir Rowley, der sie in mehrfacher Hinsicht verwirrt.

Ariana Franklin schreibt flüssig, kurzweilig und ein wenig frech. Ihre Heldin Adelia wirkt aber einfach zu modern für die damalige Zeit. Auch wenn es für Frauen in Salerno die Möglichkeit gab, Medizin zu studieren, so ist doch das Auftreten Adelias insgesamt zu selbstsicher und zu forsch. Nicht gerade glaubwürdig fand ich auch die Reaktionen ihrer Umwelt, denn sie wird von denen, die hinter ihr Geheimnis kommen, ganz korrekt mit "Doktor" angesprochen, und das in einer Zeit, wo Frauen schon für Kleinigkeiten als Hexen angeklagt wurden. Adelia obduziert Kinderleichen, behandelt nebenbei diverse Patienten und nimmt sich in keiner Weise ein Blatt vor den Mund. So ganz nebenbei flucht die Frau wie der schlimmste Rüpel, wahlweise in verschiedenen Sprachen. Auch die anderen Romanfiguren sind mit ihrer Ausdrucksweise und ihren Handlungen nicht immer zeitgerecht. Es fallen lockere Sprüche, die eher in eine moderne TV-Krimiserie passen, aber ganz sicher nicht ins Mittelalter, dazwischen gibt es immer wieder Passagen, die der damaligen Zeit völlig entsprechen. Diese Stimmungs-Wechselbäder machen den Roman zum Teil unglaubwürdig. "Die Totenleserin" ist eine unterhaltsame und auch spannende Lektüre, die sich schnell und unkompliziert liest, auch größtenteils amüsant ist, aber im Gedächtnis sicher nicht lange nachwirkt.

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