Der Blaubeergarten Glenna Thomson Ullstein ISBN: 978-3-548-28964-9 |
Klappentext:
Wenn
das Leben dir Blaubeeren gibt, hast du dein Glück gefunden ...
Greer
O'Reilly muss ihr Leben ändern: Mann weg, Job weg und keine Zeit für
Tochter Sophie. Als Greer in der Zeitung von einem Landhaus mit
Blaubeergarten liest, glaubt sie die Lösung gefunden zu haben. Doch
was in der Annonce so idyllisch aussah, entpuppt sich als baufälliges
Haus, das einen eigensinnigen Bewohner hat: Der 81-jährige
Vorbesitzer Charlie weigert sich, den Ort zu verlassen, an dem er mit
seiner verstorbenen Frau glücklich war. Greer steht plötzlich vor
zwei ungelösten Fragen: Wie bewirtschaftet man Blaubeerfelder und
wie bewegt man einen kauzigen alten Mann zum Auszug? Doch je länger
sie zusammen wohnen, desto klarer wird Greer, wie wichtig Charlie für
ihr Leben ist. Und dass sie von ihm viel über Freundschaft lernen
kann …
Mein
Eindruck:
Greer,
die allein erziehende Mutter, hat gewaltige Probleme damit, Job,
Privatleben und Kind zu organisieren und unter einen Hut zu bringen.
Daneben muss sie erleben, dass sie sich auch auf „gute Freunde“
nicht verlassen kann, wenn es darum geht, ihre kleine Tochter
versorgt zu wissen, während sie ihrem Job gerecht zu werden
versucht. Auch die eigenwilligen Kunden, die auf Biegen und Brechen
ihre Wünsche durchsetzen wollen, sind nicht dazu angetan, Greer das
Leben zu erleichtern, im Gegenteil. Diese Wünsche gehen teilweise
bis in Greers Privatsphäre, und ich habe mich anfangs wirklich
gewundert, wieso die junge Frau alles so mit sich machen ließ. Aber
sie war zu diesem Zeitpunkt auf ihr Gehalt angewiesen, da der Vater
ihres Kindes sie
verlassen
hat, um sich selbst zu verwirklichen. Greer
ist sich dessen bewusst und geht so manchen (faulen) Kompromiss ein.
Als sie dann die Anzeige für ein altes Haus und eine
Blaubeerplantage entdeckt und sich gleich darauf stürzt, wurde mir
schon angst und bange, wie sie das denn überhaupt bewerkstelligen
will, denn vom Blaubeeren-Anbau hatte sie bis dahin keinen blassen
Schimmer. Dass sie den Mut aufbringt, sich in dieses Abenteuer zu
stürzen, fand ich bewundernswert. Anfangs habe ich mir mit Greer ein
wenig hart getan, denn mir fiel es schwer, sie einzuschätzen. Sie
wirkte ein wenig emotionslos auf mich. Inzwischen bin ich zu der
Überzeugung gelangt, dass ihr Verhalten die direkte Antwort auf ihre
damalige Lebenssituation war. Als sie dann mit Sophie in das alte
Haus zieht und Charlie kennen lernt, wird Greer endlich sie selbst.
Wie sich das Verhältnis zwischen ihr und dem früheren Besitzer
entwickelt, hat mir sehr gut gefallen. Obwohl sie viel Neues lernen
muss und obwohl sich rund um die Plantage und das Haus viele Probleme
ergeben, wächst Greer über sich hinaus und kümmert sich liebevoll
um den alten, kauzigen und
schwer kranken
Charlie. Greers Neuanfang, ihre finanziellen Sorgen und ihre
Probleme, die der völlig fremde Alltag mit sich bringt, das
alles schildert die Autorin sehr lebendig und realistisch. Die Art
und Weise, wie die junge Frau mit Charlie umgeht und sich dabei auch
nicht von seiner oft etwas ruppigen Art abschrecken lässt, hat mir
die Protagonistin sehr sympathisch gemacht. Auch alle anderen
Charaktere sind in
ihrer Wesensart fein
ausgearbeitet und so detailliert beschrieben, dass ich sie bildlich
vor mir sehen konnte. Die Art, wie Glenna Thomson ihrer Geschichte
Atmosphäre verleiht, wie sie die Schauplätze so farbenfroh und
authentisch beschreibt, gefällt mir außerordentlich gut. Spätestens
ab dem Umzug zur Plantage waren meine anfänglichen Vorbehalte
ihr gegenüber
völlig vergessen, und ich habe regelrecht mitgefiebert, ob alles
nach Plan laufen wird. Der Roman hat mich nicht einfach nur
unterhalten, sondern er hat mich emotional mitgenommen und mir bis
zur letzten Seite keine Ruhe gelassen. Einerseits ist es ein
kurzweiliger
Wohlfühl-Roman,
aber
er hat auch ernste Seiten. Hier geht es nicht nur um einen Neuanfang,
der alles andere als ein Honigschlecken ist, sondern daneben auch um
eine verlorene Liebe, um Enttäuschungen, Existenzängste und darum,
alten, kranken Menschen ihre Würde zu bewahren. Die Autorin bringt
die ernsten und die leichten Themen ihres Romans gekonnt unter einen
Hut und hat am Ende auch noch ein paar Überraschungen bereit. Die
ausgiebigen Erklärungen zum Anbau und zur Ernte der Blaubeeren
lassen ein großes Fachwissen bei der Autorin erahnen, was sich auch
bestätigt, wenn man ihren Lebenslauf betrachtet, denn sie weiß
genau, wovon sie schreibt. Alles in allem ist ihr hier ein
außerordentlich schöner Debütroman gelungen, mit Protagonisten,
die sich langsam aber sicher in mein Herz geschlichen haben.
⭐⭐⭐⭐⭐
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