Anfang 19. Jahrhundert: Der 15jährige Adam lebt mit seinem Vater und seinem Bruder Nelson in einem kleinen Fischerdorf an der englischen Küste. Das Leben dort ist rau und karg. Die gefangenen Fische reichen kaum, um alle satt zu bekommen, und so blüht auch der Schmuggel in der Gegend. Während Vater und Bruder aufs Meer hinaus fahren, kümmert sich Adam um die Arbeiten daheim, denn er wird schnell seekrank und wäre den Männern keine große Hilfe. Mit Shona, der Tochter des Leuchtturmwärters, verbindet den Jungen eine innige Freundschaft. Die beiden teilen das Schicksal, die Mutter früh verloren zu haben, und sie gehen gemeinsam durch dick und dünn. Das Meer übt eine starke Faszination auf sie aus, und sie träumen davon, fliegen zu können. Gemeinsam springen sie von den steilen Klippen ins Meer. Mit dem Erwachsenwerden verändert sich ihre Freundschaft, denn es entwickelt sich auch immer mehr eine körperliche Anziehungskraft zwischen den beiden.
Sowohl Adam als auch Shona sind Außenseiter der Dorfgemeinschaft. Shona geht bei Louisa in die Lehre, die bei den Einwohnern als Hexe verschrien ist, und lässt sich von ihr in die Geheimnisse der Kräuterheilkunde einweisen.
Als eines Tages ein Fremder ins Dorf kommt, findet Adam in ihm einen Gleichgesinnten, denn auch der geheimnisvolle Charles hat den Traum vom Fliegen. Gemeinsam konstruieren sie eine Art Luftschiff. Adam geht ganz in dieser neuen Aufgabe auf und vernachlässigt darüber seine täglichen Pflichten und auch seine Freundin Shona – bis er eines Tages erkennt, dass sein Bruder zum Rivalen geworden ist. Sein Weltbild gerät ins Wanken.
Der Ich-Erzähler Adam gewährt dem Leser intensive Einblicke in seine Gedanken, seine Gefühlswelt und seine Träume. An der Sprache kann man gut seine jeweilige Gemütslage erkennen, denn sie ist meist sehr lebendig und bildhaft. Aber es gibt auch Abschnitte mit kurzen, knappen Sätzen, die fast atemlos wirken und sich manchmal fast überschlagen. Man muss genau hinsehen, um zwischen Adams Phantasien und der Wirklichkeit zu unterscheiden. Was er erlebt und was er träumt, verschmilzt in diesem Roman zu einer dramatischen Einheit.
Das Leben zwischen Kindheit und Erwachsenwerden kann schmerzhaft und enttäuschend sein, und so erleben auch Adam und Shona so manche Desillusion.
Die Welt durch Adams Augen zu sehen, mit ihren Schrecken, Missverständnissen und Ungerechtigkeiten, ist ein aufwühlendes und eindrucksvolles Leseerlebnis.
Einen großen Raum in der Handlung nimmt die Fliegerei ein, nicht nur durch die Konstruktionen, die in Charles’ Haus entstehen, sondern auch durch Adams genaue und scharfe Beobachtungen der Flugkunststücke seiner zahmen Dohle. Wie die Autorin im Nachwort schreibt, basieren die im Buch geschilderten Flugversuche von Adam und Charles auf den realen Forschungsarbeiten von George Cayley, der vor über 200 Jahren die Basis zur modernen Fliegerei gelegt hat.
Vielen Dank an den Verlag Urachhaus für das Rezensionsexemplar.
Hey,
AntwortenLöschendeine Rezension gefällt mir echt gut. Wenn es in dem Buch nicht so viel um das Fliegen gehen würde, hätte ich es mir vielleicht auch besorgt. (Ich dachte mir beim Durchlesen der Inhaltsangabe fast, dass es teilweise auf einer wahren Begebenheit beruht).
viele Grüße Emma