Die Ehe von Philippe Lafosse ist am Ende. Seine Frau Sandrine setzt ihn vor die Türe. Schweren Herzens muss er sich somit auch von seiner geliebten kleinen Tochter trennen. Er verspricht Claire, sie täglich anzurufen.
Der Kummer nagt an Philippe, er findet keine Bleibe und kann sich nicht mehr richtig auf seine Arbeit konzentrieren. So nimmt das Unheil seinen Lauf, denn er verliert auch noch seinen Job. Es beginnt ein Teufelskreis, denn ohne Wohnung bekommt er keine Arbeit, und ohne Geld findet er kein neues Heim. Der unaufhaltsame Abstieg vom gut situierten Familienvater zum Obdachlosen ist erschreckend rapide.
In kurzen, prägnanten Kapiteln begleiten die Leser Philippe auf seiner endlosen Odyssee durch Paris. Immer wieder dazwischen geschobene Passagen, die eine Litanei seiner alltäglichen Tätigkeiten sind, machen die Monotonie und die Bitterkeit seines Schicksals auf der Strasse deutlich. Er gehört nun zu den Ausgestoßenen der Gesellschaft, unbeachtet, ein Nichts.
Als er Baudelaire zum ersten Mal begegnet, versucht er ihn abzuschütteln, möchte sich nicht mit einem derartigen Gefährten belasten. Erst, als Philippe in Gefahr gerät und der Hund ihm zur Hilfe kommt, werden die beiden unzertrennlich und setzen ihren Weg gemeinsam fort. Von da an gibt es auch wieder kleine Lichtblicke im Leben des mutlos gewordenen Mannes, denn Baudelaire ist nicht nur ein treuer Kamerad, sondern mit seiner Hilfe gelingt es Philippe, den richtigen Weg einzuschlagen, er findet sein „Gesicht“ in der Gesellschaft wieder. In der Masse von Anonymität und Ignoranz gibt es auch Menschen mit Herz und Verstand, die ihn nach besten Kräften unterstützen. Mit Tränen in den Augen habe ich mich am Ende der Geschichte von Baudelaire verabschiedet. Aber trotz aller Traurigkeit gibt es Hoffnung für Philippe, und das hat er nicht zuletzt seinem treuen vierbeinigen Freund zu verdanken.
Man spürt, dass Harold Cobert weiß, wovon er schreibt. Laut einem begleitenden Kommentar hat er sich lange und ausführlich mit dem Thema Obdachlosigkeit auseinandergesetzt und mit Betroffenen unterhalten. Aus jedem seiner Sätze spricht das Anliegen, die Situation dieser Bedürftigen ein wenig zu verbessern oder zumindest die Menschen wachzurütteln, dass es auch diese tragische Seite des Lebens in unserer modernen Gesellschaft gibt. Erschüttert über ein wahres Schicksal hat der Autor dieses Buch geschrieben. Trotz des beklemmenden Inhalts ist es in einer sehr schönen Sprache verfasst.
Der Roman geht an die Nieren, denn er ist einfach zu real, sein Thema zu gegenwärtig, aber er berührt auch die Seele und das Herz, und er bietet jede Menge Stoff zum Nachdenken, ist ein Plädoyer für mehr Toleranz und Mitgefühl..
Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar an Vorablesen und den Pendo-Verlag.
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