Dienstag, 22. Oktober 2013

Die Tochter eines Arztes - Martina Frey


Im April 1847: Die Arzttochter Eugenia Hentschel ist gar nicht begeistert, als ihre Familie Wiesbaden verlässt und nach Holzhausen zieht. Sie sehnt sich zurück in die Stadt und kann die Entscheidung ihres Vaters ganz und gar nicht nachvollziehen. Das Landleben erscheint ihr einsam und langweilig. Als sie Matthias Hollmann begegnet, treffen sie ihre eigenen Gefühle wie aus heiterem Himmel. Sie will es nicht wahrhaben, dass sie sich in den jungen Bauern verliebt hat, denn die Standesunterschiede machen diese Verbindung unmöglich.
Der einzige Mensch, der sie versteht und mit dem sie über ihre Sorgen sprechen kann, ist ihr Bruder Moritz, aber er ist oft abwesend, denn nach dem Willen seines Vaters studiert er Medizin in Gießen.

Die Geschichte um die liebenswerte Eugenia entführt den Leser in die Zeit des Biedermeier, bis hin zum Beginn der bürgerlichen Revolution im Jahr 1848. Man begleitet Eugenia und ihre Familie während dieser Zeit und erfährt von ihren Sorgen und Nöten. Das ganze Leben der jungen Frau ist vergleichbar mit dem starren  Korsett, das sie trägt. Man erfährt viel über die damalige Lebensart und die Menschen. Die künstliche Fassade des Biedermeier gaukelt Harmonie, Häuslichkeit und Ehrbarkeit vor. So romantisch, wie man sich diese Ära angesichts der rauschenden Bälle und eleganten Roben vorstellt, ist sie jedoch beileibe nicht. Die bessere Gesellschaft ist allzu sehr darauf bedacht, den guten Ruf und die öffentliche Ehre zu wahren. Auf Gefühle und Nöte des Einzelnen wird kaum Rücksicht genommen. Auch Mitgefühl mit den Ärmeren steht nicht zur Debatte. Aber es tut sich einiges im Land, denn immer mehr Menschen aus allen Gesellschaftsklassen sind nicht mehr mit dem herrschenden System und den Zuständen einverstanden. Eugenia gerät in einen starken Konflikt. Sie muss sich entscheiden, zwischen dem Gehorsam ihrem Vater gegenüber und der Liebe zu Matthias, der im Verdacht steht, in den Wäldern des Herzogs zu wildern. Auch wenn er dies aus blanker Not tut, gilt es als Verbrechen.  

Ich habe diesen Roman mit Faszination gelesen. Der herrschende Zeitgeist und der Umbruch sind authentisch dargestellt, so dass man sich ein klares Bild der Verhältnisse machen kann. Ich beneide die Protagonistin nicht, denn ihre ganze Erziehung und ihr bisheriges Leben waren nur darauf ausgerichtet, sie für eine standesgemäße Ehe vorzubereiten. Eine eigene Meinung oder gar eigenmächtige Entscheidungen waren bei Frauen nicht erwünscht. An Eugenias Beispiel wird sehr realitätsnah geschildert, was passieren konnte, wenn eine junge Frau die geebneten Bahnen verließ und ihren eigenen Weg gehen wollte.

Der angenehme und flüssige Schreibstil des Romans hat dafür gesorgt, dass ich das Buch fast in einem Rutsch gelesen habe. Leider war die Geschichte viel zu schnell zu Ende. Der Schluss ist recht knapp gefasst. So manches hätte ich gerne noch ausführlicher erfahren. Aber letztendlich war alles Wichtige gesagt, wurden alle Fragen schlüssig geklärt und alle Handlungsfäden zufriedenstellend beendet. Gut gefällt mir, dass im Anhang alle wichtigen Personen vorgestellt werden, sowohl die fiktiven Charaktere als auch historisch reale Figuren. Besonders der Erfinder August Nikolas Otto, der in Holzhausen geboren und aufgewachsen ist, hat im Roman eine sehr sympathische und wesentliche Rolle. Er fügt sich nahtlos in die Handlung ein, so als wäre dies seine reale Geschichte.

Ein besonderes Lob möchte ich auch noch für die sehr gelungene Covergestaltung anbringen. Motiv und farbliches Design sind ganz hervorragend gelungen, und beim Betrachten bekommt man gleich große Lust, das Buch zu lesen.


Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar 
Der Roman kann direkt beim Verlag bestellt werden: hier bestellbar


2 Kommentare:

  1. Hey.du ;)...ich habe auch vor wenigen Stunden meine Rezi dazu online gestellt. So begeistert wie du war ich zwar nicht, aber es war wirklich interessant über die Zeit des Biedermeier zu lesen. Der Schluss war auch mir zu abrupt, während ich im Mittelteil ein bisschen länger ungewollt hängen blieb...
    Liebe Grüße
    Martina

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  2. Bei dem war ich auch am überlegen, ob ich mich bewerben soll, weil das Buch wirklich interessant klingt. Hab mich dann aber doch für "Lady Audley" entschieden und hab es nicht bereut.
    Aber das klingt so, als ob es auch mir sehr gut gefallen hätte.

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