Donnerstag, 21. Februar 2013

Der Kinderpapst - Peter Prange


Teofilo di Tuscolo ist 12 Jahre alt, als er im Jahr 1032 zum Papst ernannt wird. Unter dem Namen Benedikt IX. geht er als jüngster Papst in die Kirchengeschichte ein. Er wird zum Spielball der Machthungrigen, denn die wahre Entscheidungsgewalt liegt nicht bei ihm, sondern wird hauptsächlich von Machtstreben und Geldgier gesteuert und von der Versammlung der Kardinäle sowie von den reichen Adelsfamilien Roms ausgeübt, die seine Wünsche weitgehend ignorieren. Für sein hohes und eigentlich ungewolltes Amt muss er auf eine Heirat mit Chiara di Sasso verzichten, die ihm von klein auf versprochen war. Vom enttäuschten, verlassenen Kind entwickelt er sich im Lauf der Jahre zum rücksichtslosen Despoten, der mit seinen Anordnungen und Handlungen die Römer in Angst und Schrecken versetzt. Im Ausgleich für seine unerfüllte Liebe wählt er die Macht und nützt diese unbarmherzig aus.
Teofilo ist ein Suchender, vom Leben und Glauben enttäuscht, um seine große Liebe betrogen. Seine Handlungen sind Verzweiflungstaten, die aus immer wiederkehrenden Niederlagen und unerfüllten Hoffnungen entstehen.

Auch wenn vieles, was das Leben und Wirken Benedikts IX. betrifft, im Dunkeln liegt, so ist es durchaus vorstellbar, dass sich sein Werdegang in ähnlicher Weise abgespielt hat. Um die bekannten historischen Daten wurde hier eine faszinierende Geschichte gewoben.
Der Verzicht auf die Liebe seines Lebens treibt Teofilo zu wahnsinnigen Taten, und der Autor hat es sehr gut verstanden, den inneren Zwiespalt dieses jungen Mannes darzustellen. Teofilos Schicksal und seine Gefühle sind einem steten Auf und Ab unterworfen; immer wenn er einen Hoffnungsschimmer in seinem Leben sieht, gibt es wieder einen enormen Rückschlag. Genau genommen ist er Täter und Opfer zugleich. Die unerfüllte Liebe und das mangelnde Verständnis seiner Familie versucht er, durch Macht zu kompensieren. Mag sein Lebenslauf auch recht blutig und  rücksichtslos dargestellt sein, so kann man doch in gewisser Weise Verständnis für ihn aufbringen. Einerseits wird ihm von klein auf gesagt, er sei von Gott erwählt und zu Höherem berufen, aber seine Suche nach Antworten bleibt erfolglos, sein Ruf nach Gott bleibt unbeantwortet. Seine hier erzählte Geschichte zeigt, wie das Schicksal einen Menschen verändern kann, der all die Jahre nur zurückstecken musste und dessen Leben so ganz anders verläuft als gewünscht.

Den passenden Handlungsrahmen und die Überleitung zu diesem historischen Roman bildet eine Tagung der päpstlichen Kongregation, im Jahr 1981. Der Ich-Erzähler wird von den versammelten Kardinälen und Bischöfen beauftragt, ein Konvolut alter Schriften durchzusehen, um zu ermitteln, ob einem Antrag auf Seligsprechung Benedikts IX. nachgekommen werden sollte. Diese Forderung löst bei der Versammlung weitgehend Empörung und Unverständnis aus, in Anbetracht der schlimmen Ereignisse, für die der damalige Papst verantwortlich zeichnete. Aber es gibt auch Befürworter, und so versucht der Ich-Erzähler, in einer einzigen Nacht Klarheit in dieser Frage zu gewinnen.

Der kardinalrote Einband, mit den goldenen Verzierungen an den Ecken, bildet eine perfekte Abrundung zu diesem dramatischen, spannungsgeladenen Roman.
Im Anhang erfährt man Näheres darüber, was an der Geschichte der Wahrheit entspricht und welche Ereignisse fiktiv sind. Wünschenswert wäre noch ein ergänzendes Glossar, denn es sind sehr viele lateinische Begriffe und spezielle Bezeichnungen aus dem historisch-kirchlichen Bereich im Buch enthalten, die sich zwar teilweise aus der Handlung erschließen, aber eben nicht immer völlig klar werden. Lässt man sich jedoch davon nicht im Lesefluss stören, hat man ganz sicher ein beeindruckendes, mitreißendes Leseerlebnis.


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