Dienstag, 17. Juli 2012

Voll streng, Frau Freitag



Dies ist bereits der zweite Band von Frau Freitag. Ich kenne ihr erstes Werk nicht, aber die Leseprobe für das vorliegende Buch fand ich eigentlich recht amüsant. Frau Freitag ist Lehrerin an einer Gesamtschule, und „betreut“ eine multikulturelle, zehnte Klasse. Einige der Schüler(innen) haben vor, die Prüfung für die mittlere Reife zu machen, aber bereits bei der Anmeldung tauchen ungeahnte Probleme auf. Viele sollen nach dem Schuljahr ins Berufsleben starten, aber dafür müssten sie sich erst einmal bewerben. Frau Freitag verzweifelt regelmäßig an der Vergesslichkeit ihrer Schüler und an deren Vorliebe, öfter mal ein Stündchen zu schwänzen. Viele Angelengenheiten versucht sie, über das liebste Medium ihrer bunten Schar zu regeln, denn wenn es etwas gibt, wo alle erreichbar sind, dann ist das Facebook. Manchmal kommt Frau Freitag aber auch nicht um massivere Maßnahmen herum, und dann wird schon mal ein Telefonat mit einem, in den meisten Fällen völlig ahnungslosen, Elternteil fällig. So ganz nebenbei macht sich die engagierte Lehrkraft auch jede Menge Gedanken um andere Dinge, beispielsweise um den modischen Geschmack ihrer Schülerinnen, ob sie zum Abschluss ein Geschenk von ihren Schülern erhalten wird und ähnlich banale Dinge. Zwischendurch kommen auch ernsthaftere Themen zur Sprache. Da wird über Gott und die Welt diskutiert, über Politik gesprochen, und es werden Fragen erörtert, ob man mit Kopftuch Aussichten auf einen Job hat, ob man für die Abschlussfeier einen Grill benutzen kann, auf dem schon einmal Schweinefleisch gegart wurde oder wie sich die Schüler ihre Zukunft vorstellen.
Das ganze Buch besteht aus vielen kleinen Episoden. Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es von Frau Freitag auch ein Blog, wo sie regelmäßig aus dem Schulalltag berichtet. So gesehen ist es plausibel, dass sich die einzelnen Kapitel wie Blogeinträge lesen. Länger als drei oder vier Seiten am Stück konnte ich mich nicht auf das Buch konzentrieren, denn Frau Freitags Schreibstil, der sich sehr stark an einer gewissen Form der Jugendsprache orientiert, war mir zu angepasst. Die Lehrerin gibt in diesem Jargon nicht nur die Äußerungen ihrer Schüler wieder, sondern sie verfällt selbst häufig in  diese abgehackte Sprech- und Schreibweise.
Verstümmelte Sätze wie beispielsweise „Dann können wir Firma machen.“ haben mich auf Dauer doch ziemlich genervt. Irgendwie war mir die ganze Geschichte zu oberflächlich. Selbst Abschnitte, die sich mit ernsten Themen, wie beispielsweise Rassismus, oder Glaubensfragen,  beschäftigt haben, gingen nicht wirklich in die Tiefe. Viele der beschriebenen Situationen werden sicher der Realität entsprechen, wobei ich mich aber häufig gefragt habe, ob die erwähnten Schüler ihren Kopf auch manchmal wirklich zum Denken einsetzen oder etwa nur zu Dekorationszwecken herumtragen. Zwischendurch plaudert Frau Freitag über ihren Gesundheitszustand, jedoch bleiben ihre Beschwerden stets ungeklärt, und die Kapitel erscheinen für meinen Eindruck völlig sinnfrei. Der Humor im Buch hat etwas Gezwungenes, und ich empfand ihn als eher mäßig. Ein paar Passagen waren vielleicht für ein leichtes Grinsen gut, aber so richtig lachen konnte ich an keiner Stelle. Das Buch bietet eine nette Lektüre für zwischendurch, als Pausenfüller, aber es ist sicher auch kein großer Verlust, wenn man es nicht gelesen hat. Als Blog ist es sicher ok, aber als Buch müsste ich es nicht unbedingt haben.



7 Kommentare:

  1. Hey,
    deine Rezension hat mir echt gut gefallen. Jetzt weiß ich, was mich bei Frau Freitags Roman erwartet und werde es mir wahrscheinlich doch nicht kaufen. Vor einer Weile stand ich schon mal vor einem "Freitag Band", habe es aber aus irgendwelchen Gründen nicht gekauft.
    Ich finde die Jugendsprache (ich bin jetzt 18) stellenweise echt total schlimm. Ich möchte lieber lernen, meine Bedürfnisse in vollständigen Sätzen zu äußern. Allerdings ist es so, dass die Leute wahrscheinlich dachten, dass so ein "Jugendsprachebuch" gut ankommt. "Tschick" wurde ja auch von allem und jedem in die höchsten Töne gelobt. Auch wenn ich es vom Schreibstil her, sehr anstrengend zu lesen fand.

    liebe Grüße deine Emma

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    1. Hallo Emma,
      die Meinungen gehen halt, wie eigentlich überall, auch bei diesem Buch ziemlich auseinander. Frau-Freitag-Fans werden mir meine Rezension sicher übelnehmen, da sie leider nicht so toll ausgefallen ist, aber es ist halt auch hier Geschmacksache. Wenn "Tschick" sprachlich ähnlich ist, brauche ich mir das Buch gar nicht näher anzusehen, vielen Dank für deinen Hinweis.
      Liebe Grüße
      Susanne

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  2. Hallo, an dich geht der "Liebster Blog-Award" von mir :) http://buch-und-spiel.blogspot.de LG Ingrid

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    1. Oh, vielen Dank liebe Ingrid! Ich werde mir das nachher mal näher ansehen.
      Liebe Grüße
      Susanne

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  3. Ich finde deine Rezension und deine ehrliche Meinung gut ;)

    Ich fand das Buch super :)

    LG Steffi

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